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PressemitteilungPolitik nimmt Bildungsverlierer im Handwerk in Kauf

Corona-Krise und Lockdown:

Berufliche Bildung muss weitergehen – handwerkliche Bildungszentren öffnen

Bei der Handwerkskammer für Schwaben (HWK) gehen derzeit täglich mehrere Anrufe und Mails besorgter Azubis aus dem Handwerk ein. Sie machen sich Sorgen, ihre Prüfung nicht zu schaffen. Durch die Schließung der Berufsbildungs- und Technologiezentren der HWK Schwaben in Augsburg, Kempten und Memmingen fällt die überbetriebliche Lehrlingsunterweisung, das heißt, der praktische Unterricht komplett aus. Eine vernünftige Prüfungsvorbereitung ist für die Nachwuchshandwerkerinnen und -handwerker damit schlicht unmöglich. Zwar können theoretische Inhalte über Online-Formate vermittelt werden, aber im Handwerk steht die praktische Ausbildung im Mittelpunkt. Hans-Peter Rauch, Präsident der HWK Schwaben: „Ohne Praxis gibt es kein Handwerk. Und ohne praktische Ausbildung gibt es keine handwerklichen Fachkräfte. Die berufliche Bildung muss weitergehen. Wir fordern die Politik auf, die handwerklichen Bildungszentren Anfang Februar wieder zu öffnen. Sonst laufen wir Gefahr, dass die Politik – ähnlich wie bei den viel diskutierten Schulabschlussklassen – einen Corona-Azubi-Jahrgang als Bildungsverlierer in Kauf nimmt.“

Überbetriebliche Lehrlingsunterweisung: Zentraler Baustein handwerklicher Ausbildung

Die überbetriebliche Lehrlingsunterweisung (ÜLU) der Handwerkskammer ist einer der zentralen Bausteine für die Ausbildung der knapp 11.000 Lehrlinge im schwäbischen Handwerk und Qualitätsgarant für die fachliche Kompetenz dieser jungen Handwerkerinnen und Handwerker. Sie sorgt für ein breites Know-how in jedem einzelnen Beruf. Die Ausbildungsbetriebe sind oft auf bestimmte Gebiete spezialisiert und können ihren Azubis nicht alle Facetten ihres Berufs bieten. Das wird mit der ÜLU ausgeglichen, die die betriebliche und schulische Ausbildung bei der Qualifizierung von Lehrlingen ergänzt. Sie bietet alle Inhalte in den handlungsorientieren, praktischen Kursen in Werkstätten, entlastet die Betriebe, sichert die Qualität der Ausbildung, fördert die Auszubildenden und bereitet ihre Teilnehmer optimal auf die Prüfung vor. Für die Ausbildung im Handwerk ist die überbetriebliche Lehrlingsunterweisung also zwingend notwendig!

Meisterkurse ebenfalls betroffen

Auch in der Erwachsenbildung der HWK Schwaben kann Vieles nicht über Online-Unterricht aufgefangen werden. Die Fort- und Weiterbildung im Handwerk ist nun mal sehr technisch und damit praxisorientiert. Angehende Meisterinnen und Meister müssen beispielsweise eine praktische Prüfungsarbeit vorlegen, ihr Meisterstück. Ohne den Unterricht an Maschinen während der so wichtigen Werkstattwochen in den handwerklichen Bildungsstätten ist dies nicht möglich. Aktuell kann zwar mit erheblichem Aufwand per Distanzunterricht der Theoriestoff vermittelt werden. Auch müssen komplette Kurse abgesagt werden.

Erhebliche Konsequenzen für gesamtes Prüfungswesen

Die Schließung der Berufsbildungs- und Technologiezentren der HWK Schwaben hat auch eine nicht zu unterschätzende Konsequenz für das gesamte Prüfungswesen. Zwar dürfen Prüfungen stattfinden, aber durch die fehlende praktische Vorbereitung müssen diese – egal ob in der Aus-, Fort- oder Weiterbildung – immer weiter nach hinten verschoben werden. „Dadurch entstehen massive Nachteile für die Azubis und Teilnehmerinnen und Teilnehmer, also für viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Handwerk, denn deren Karriere- und Lebensplanung gerät aus den Fugen oder mindestens in Verzug. Sie werden zu Bildungsverlierern, weil die Politik die berufliche Bildung bei Ihren Entscheidungen nicht angemessen auf dem Schirm hat“, so Rauch. Darüber hinaus müssen Azubis für Wochen oder Monate weiterbeschäftigt werden, was für die jeweiligen Betriebe bedeutet, dass sie im Herbst keine neuen Azubis einstellen können. Meisterschüler lassen sich von ihren Betrieben oft für ihre Weiterbildung freistellen, werden aber zu einem bestimmten Zeitpunkt wieder gebraucht.

Politik gefährdet Erfolg der beruflichen Bildung

Erschwerend kommt hinzu, dass sich bereits durch den ersten Lockdown im Frühjahr 2020 mit Schließung der handwerklichen Bildungszentren eine Bugwelle an verschobenen oder abgesagten Kursen und Prüfungen aufgetürmt hat, so dass mittelfristig nicht nur die Auszubildenden im letzten Lehrjahr und die Kursteilnehmer kurz vor ihren Prüfungen betroffen sind.

Für die im Handwerk so essentiellen praktischen Inhalte der Aus-, Fort- und Weiterbildung müssen die Bildungszentren wieder öffnen dürfen, Distanzunterricht ist keine Option für einen langen Zeitraum. Ulrich Wagner, Hauptgeschäftsführer der HWK Schwaben, erklärt: „Wir haben bereits im Frühjahr 2020 Hygiene-Konzepte entwickelt, Teilnehmerzahlen reduziert, zusätzliche Räume akquiriert, Masken und Desinfektionsmittel zur Verfügung gestellt. Die Handwerkskammer für Schwaben hat alles dafür getan, Infektionsrisiken zu minimieren und die Kontaktnachverfolgung sicherzustellen. Es muss möglich sein, zumindest den praktischen Unterricht mit diesen Konzepten wieder fortzuführen.“

Und HWK-Präsident Hans-Peter Rauch stellt ergänzend fest: „Je länger der Lockdown für unsere Bildungszentren dauert, desto mehr wird die Karriere- und Lebensplanung unserer aktuellen und zukünftigen Fach- und Führungskräfte im Handwerk durchkreuzt. Es besteht die Gefahr, dass die Politik den Erfolg der beruflichen Bildung aufs Spiel setzt. Der schon vorhandene Fachkräftemangel verstärkt sich dann enorm!“

 

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